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Für die Energiewende erforderliche Innovationen entstehen nur in einem umfassenden interdisziplinären Diskurs – Dipl.-Ing. Dieter König im Gespräch über seine Erfahrungen im EnAHRgie-Projekt

Dipl.-Ing. Dieter König

In unserer Interviewreihe blicken ehemalige Mitarbeitende auf gewonnene Erfahrungen im EnAHRgie-Forschungsprojekt zurück. Nach Gesprächen mit Dr. Dirk Assmann und Dr. Jan Beermann berichtet nun Dipl.-Ing. Dieter König vom EnAHRgie-Verbundpartner Institut für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3) an der TU Dortmund über seine Eindrücke. Er verließ das Forschungsprojekt zum 1. Mai und verabschiedete sich in den wohlverdienten Ruhestand.

Im Gespräch berichtet Herr König über die im Projektteam entwickelten innovativen Lösungen zum nachhaltigen Landmanagement, Herausforderungen eines Umbaus der Energieversorgung und ökonomisch-sinnvolle Rahmenbedingungen für das politisch vereinbarte 100%-Erneuerbare-Energien-Ziel.

Herr König, Sie waren von Anfang an im Projekt EnAHRgie eingebunden und haben wesentliche Impulse gerade für die Antragsstellung gesetzt. Was hat Sie damals dazu bewegt zu sagen, da mache ich mit und bringe mich ein?

Die Energiewirtschaft war schon immer von einer gewissen Nachhaltigkeit geprägt, was auf die lange Lebensdauer der Betriebsmittel zur Energieversorgung zurückzuführen ist. Schon im alten Energiewirtschaftsgesetz (vor 1989) war in der Präambel die Forderung nach Umweltverträglichkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz verankert. Allerdings war die Betroffenheit und damit das Interesse von Bürgern und Politik eher abstrakt, da die Energieversorgung zentral (also von wenigen Großkraftwerken hin zu den Verbrauchern) durch Monopolgesellschaften organisiert war. Dies hat sich durch die Liberalisierung und insbesondere die Dezentralisierung der Energieversorgung grundlegend geändert. Zwar ist der Zwang nach einer wirtschaftlichen und preiswerten Versorgung mit Energie nach wie vor hoch, jedoch sind beim Umbau der Energieversorgung (Ablösung der Großkraftwerke durch dezentrale Erneuerbare-Energien-Anlagen) neben der Umweltverträglichkeit auch die gesellschaftliche Akzeptanz in den Vordergrund getreten. Das Projekt EnAHRgie hat sich diesen Problemstellungen in einem interdisziplinären Team aus Gesellschafts- und Politikwissenschaftlern sowie Ingenieuren, aber auch Praxispartnern gestellt. Ich hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung das Gefühl, in diesem leistungsfähigen interdisziplinären Team an einer innovativen Lösung zum nachhaltigen Landmanagement bezüglich der Energieversorgung in der Modellregion und darüber hinaus mitwirken zu können. Dieses Gefühl hat sich in der Projektarbeit dann bestätigt.

In Ihrer bisherigen wissenschaftlichen Laufbahn haben Sie sehr viele Erfahrungen in Forschungsprojekten sammeln können. Welche dieser Erfahrungen konnten Sie besonders im Projekt einbringen? Gibt es auch etwas, was Sie im Projekt neu dazugelernt haben?

Die Arbeits- und Zeitplanung eines Forschungsprojektes stellt immer wieder eine große Herausforderung dar. Die kontinuierliche Überwachung des Projektablaufes ist dabei von großer Bedeutung. Insbesondere bei interdisziplinären Forschungsprojekten mit vielen Partnern muss man darauf achten, dass hinreichend viele Meilensteine gesetzt werden, deren Erreichung immer wieder aufs Neue überprüft werden muss. Dies spielt vor allem dann eine große Rolle, wenn verschiedene wissenschaftliche Disziplinen mit ihren jeweils eigenen Arbeitskulturen zusammenarbeiten müssen. Vor allem der transdisziplinären Kommunikation ist dabei große Aufmerksamkeit zu schenken, um den Partnern die eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse nahe zu bringen und dadurch den Kontext zu den gemeinsamen Forschungszielen herzustellen.

Sie waren hauptsächlich für den technischen Teil des Projekts, den Energieszenarien für den Landkreis Ahrweiler zuständig. Welche Empfehlungen würden Sie als Experte für Energiesysteme und Energiewirtschaft dem Landkreis für die zukünftige Entwicklung und die Umsetzung des Energiekonzepts geben?

Gemeinsam mit den Praxispartnern aus dem Landkreis Ahrweiler wurde ein Lösungsraum für die Energieszenarien entwickelt, die ein Erreichen des politisch vereinbarten 100%-EE-Ziels unter ökonomisch sinnvollen Randbedingungen und einer nachhaltigen Landnutzung gestattet. Daneben wurden Handlungsleitlinien niedergeschrieben, mit denen eine Umsetzung im Sinne der Energiewende gelingen kann. Von entscheidender Bedeutung wird sein, ob die politischen Kräfte im Landkreis sich auf allen Ebenen zu einem gemeinsamen engagierten Vorgehen zusammenfinden werden. Dies wird erforderlich sein, wenn die Energiewende nicht nur außerhalb des Landkreises stattfinden soll.

Mit Abschluss Ihrer Tätigkeit in EnAHRgie gehen Sie nun in den wohlverdienten Ruhestand. Welche Tipps würden Sie den jungen Wissenschaftlern mit auf den Weg geben?

Die Innovationen, die für ein Gelingen der Energiewende erforderlich sind, können nur in einem umfassenden interdisziplinären Diskurs entstehen. Dies erfordert von jedem eine hohe Bereitschaft, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und sich mit anderen als dem eigenen Wissensgebiet auseinander zu setzen. Vor allem besteht insbesondere in den technischen Disziplinen heute mehr denn je die Notwendigkeit, die oftmals komplexen Zusammenhänge der Energieversorgung in einer einfachen Sprache transparent zu machen, um einerseits die Voraussetzung für einen breiten interdisziplinären Diskurs zu ermöglichen. Andererseits kann nur so in Politik und Gesellschaft die Akzeptanz für die notwendigen technischen Veränderungen bei der Energiewende geschaffen werden.

Herr König, wir danken Ihnen für das Gespräch und Ihre Mitarbeit im EnAHRgie-Forschungsprojekt!